Sowohl bei den Ausgrabungen du Mesnil du Buissons als auch bei den jüngeren Arbeiten im Königspalast wurden – meist vereinzelte – Fragmente von Wandmalereien in verschiedenen Teilen des Palastes gefunden. Im ehemaligen Brunnen des Palastes (Raum U) hingegen konnten in den Jahren 2000 bis 2004 insgesamt etwa 3000 Wandmalereifragmente geborgen werden. Sie stammten aus dem benachbarten Raum N und waren beim
Einsturz der Westmauer des Raumes in Folge der Zerstörung des Palastes an ihren späteren Fundort gelangt. Mehrere Teile der Darstellungen konnten durch Constance von Rüden rekonstruiert und anschließend restauriert werden, so z. B. eine Gruppe von Dattelpalmen, Teile einer Unterwasser- oder Flusslandschaft mit zwei Schildkröten, Fischen, einer Krabbe und Resten eines Delphins und dekorative Friese mit Doppelspiralmustern oder von Blättern gesäumten Trapezen. Die Malereien waren zumindest zum Teil unmittelbar auf den feuchten Putz aufgetragen worden, was sonst im Orient eher unüblich war, in der Ägäis aber seit der Mittelbronzezeit praktiziert wurde. Auch manche der Motive sind wohl ägäischer Herkunft, z. B. der Delphin, oder weisen eine spezifisch ägäische Art der Ausführung auf, wie sie von dortigen Wandmalereien oder von bemalter Keramik und anderen Objekten bekannt sind, z. B. die Dattelpalmen mit bläulichen Blättern oder die Doppelspiralmuster. Andererseits ist die Gesamtkomposition der Motive so bei möglichen ägäischen Vorbildern nicht anzutreffen. Auch sind manche technische Merkmale, wie z. B. die Verankerung des Kalkputzes im Unterputz, und Motive, z. B. die Schildkröten, weder aus der Ägäis noch aus anderen Orten des Orients bekannt. Die Wandmalereien von Qatna weisen somit sowohl ägäische als auch einige syrisch-orientalische und spezifisch lokale, d. h. nur aus Qatna bekannte, Elemente in Ikonographie und Technik auf. Um diese Besonderheit zu erklären, sind verschiedene Modelle vorgeschlagen worden, die auch mit der umstrittenen Datierung der Wandmalereien in Zusammenhang stehen.Constance von Rüden geht unter der Annahme einer begrenzten Haltbarkeit der Wandmalereien, die sich noch im 14. Jahrh. v. Chr. in intaktem Zustand an der Wand befanden, eher von einem späten Datum der Entstehung etwa 50-60 Jahre vor der Zerstörung des Palastes (d. h. um 1400 v. Chr.) aus und sieht in den Wandmalereien das Produkt eines komplexen Wissenstransfers, der schon mindestens 200 Jahre zuvor begonnen habe. Demnach könnten eventuell Wanderarbeiter aus der Ägäis die Technik der al fresco-Malerei, das ist das Malen auf den feuchten Putz, in die Levante gebracht haben, wo sie teilweise adaptiert worden sei. Ägäische Motive könnten derweil auch über verzierte ägäische Produkte und Handelswaren wie etwa Keramik und Kleidung Eingang in die levantinische Bilderwelt gefunden haben. Unter Rückgriff auf dieses transferierte Wissen wie auch eigene Traditionen seien dann lokale Handwerker zu Schöpfern der Wandmalereien von Qatna geworden.
Peter Pfälzner hingegen, der keinen Grund für eine so späte Entstehung der Wandmalereien sieht und sie stattdessen unter Hinweis auf ikonographische Parallelen in der Ägäis in das 16. bis frühe 15. Jahrhundert datiert, erklärt die Divergenzen aus dem Zusammenwirken einiger weniger aus der Ägäis angeworbener mit lokalen Handwerkern bei der Schaffung der Wandmalereien, wobei die Gesamtplanung in Händen eines lokalen Malers gelegen habe.
Ausgewählte Literatur:
Rüden,
Rüden,
Pfälzner, Peter: Between the Aegean and
Pfälzner, Peter: The